Oliver Hartmann litt am Guillain-Barré-Syndrom (GBS), einer seltenen Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem die schützende Hülle der Nerven angreift. Sein Weg von der Lähmung zurück ins Leben war geprägt von Mut und innerer Stärke, aber auch von Verzweiflung und Rückschlägen – und immer wieder kleinen Schritten nach vorn. Heute ist er gesund und möchte mit seiner Geschichte anderen Mut machen.
Ein erstes Kribbeln – und plötzlich der Zusammenbruch
Als Oliver Hartmann im Dezember 2021 nachts aufstehen will, versagen ihm plötzlich die Beine. «Ich bin einfach zusammengesackt. Nichts ging mehr.» Seit einigen Tagen hatte er bereits ein Kribbeln in den Zehen bemerkt, ein eigenartiges Taubheitsgefühl in den Füssen. Symptome, die er schon einmal erlebt hatte – 2018, nach einem ersten Schub, der damals ohne klare Diagnose wieder verschwand. Diesmal ist es ernster. Im Krankenhaus folgt bald die Diagnose: Guillain-Barré-Syndrom, kurz GBS. Normalerweise schreitet GBS rasch voran, erreicht nach kurzer Zeit einen Höhepunkt und klingt dann mit entsprechender Behandlung wieder ab – oft mit Aussicht auf vollständige Genesung.
Vermutet wird die chronische Form CIDP
Doch bei Oliver Hartmann ist alles anders: Statt Stabilisierung folgen weitere Ausfälle, sein Zustand verschlechtert sich drastisch. Die Beine versagen, die Hände verlieren ihre Kraft, sogar Schreiben und Essen sind nicht mehr möglich: «Ich konnte nicht einmal mehr eine Gabel halten.» Statt einer vorübergehenden Lähmung, wie sie bei GBS typisch ist, vermuten die Ärzte bald eine chronische Variante – CIDP, eine chronisch entzündliche demyelinisierende Polyneuropathie. Diese Erkrankung führt zu einer fortschreitenden Schädigung der Myelinschicht der Nerven, was schwere und bleibende Bewegungsstörungen und Schmerzen zur Folge haben kann.
Rückschläge trotz Therapie
Die erste Therapie mit hochdosierten Immunglobulinen (Privigen) schlägt bei ihm nicht wie erhofft an. Es folgen Rückfälle, Krankenhausaufenthalte, eine Verlegung in die Reha nach Valens, dann wieder zurück ins KSGR – ein kräftezehrendes Hin und Her. Erst durch eine sogenannte Plasmapherese kommt die ersehnte Stabilisierung: «Dabei wird das Blut durch eine Maschine geleitet, die schädliche Antikörper entfernt», erklärt Oliver. «Danach bekam ich frisches Blutplasma zurück.» Diese aufwändige Behandlung – zunächst mehrere Stunden Dialyse jede Woche, später in grösseren Abständen – war belastend, aber entscheidend für seinen Weg zurück. Nicht unerwähnt sollte die persönliche Un-erstützung der GBS & CIDP Initiative Schweiz bleiben: Eine Mitarbeitende besuchte ihn im Spital, informierte über die Erkrankung und machte Mut.

Kampfgeist und Reha: Zurück ins Leben
Parallel beginnt er in der Reha mit dem Wiederaufbau: stehen, gehen, schreiben lernen. Im Rehazentrum Valens erhält Oliver umfassende Therapien. In der Physiotherapie mobilisiert er langsam seine gelähmten Extremitäten und baut nach und nach Muskelkraft auf. Gleichzeitig hilft ihm die Ergotherapie, Alltagsaktivitäten wie Anziehen und Essen wieder selbstständig zu meistern. Da auch Zunge und Rachen betroffen sind, unterstützt ihn die Logopädie mit gezielten Übungen, die das Sprechen und Schlucken wieder verbessern sollen. Den gesamten Prozess begleiten eine Ernährungstherapie sowie das einfühlsame Team aus Ärztinnen und Ärzten, Therapeutinnen und Therapeuten sowie Pflegepersonal, die ihn täglich motivieren und stärken.
Es waren die gezielten Massnahmen, die Unterstützung der GBS & CIDP Initiative Schweiz und Olivers unerschütterlicher Wille, nicht aufzugeben, die seinen Weg der Besserung möglich machten. «Ich habe damals innerhalb kürzester Zeit 20 Kilo verloren. Ich war schwach, aber ich wollte da raus.
Als man ihm nahelegte, eine dauerhafte Dialyseverbindung operativ legen zu lassen, lehnte er ab. «Ich wollte das nicht akzeptieren. Ich wollte gesund werden.» Und er sollte recht behalten: Nach der letzten Plasmapherese und dem Entfernen des Katheters blieben die Rückfälle aus.» Sein Zustand stabilisierte sich – dauerhaft. Heute ist Oliver gesund.
Ein neuer Lebensstil – als Schlüssel zur Stabilität
Er lebt heute ohne Dialyse, ohne Medikamente. Doch nicht nur medizinisch hat sich vieles verändert. Oliver hat diese zweite Chance genutzt, um sein gesamtes Leben neu zu justieren. Er hat in dieser ersten Phase der Besserung seinen Lebensstil radikal verändert: Stress reduziert, sich bewusster und gesünder ernährt – auch Alternativmedizin spielte dabei eine Rolle. Meditation, Naturheilmittel und das gezielte Auseinandersetzen mit seinem Körper und Geist wurden für ihn zu einem festen Bestandteil seiner Genesung. «Ich habe angefangen, auf mein Inneres zu hören – was mir guttut, was mich belastet, was ich loslassen muss», sagt er rückblickend. Heute gewichtet er vieles anders, setzt klare Grenzen und lebt achtsamer. In einem Online-Tagebuch verarbeitet er seine Erlebnisse und möchte anderen Betroffenen Mut machen: «Ich habe es geschafft, Schritt für Schritt – und jeder Schritt zählt.»
«Der Weg zurück aus einer solchen Erkrankung ist lang und erfordert intensive, interprofessionelle Zusammenarbeit. In Valens konnten wir Herrn Hartmann mit einem individuell abgestimmten und interdisziplinär gestalteten Therapieplan unterstützen – Physio- wie auch Ergotherapie und eine professionelle ärztliche wie auch empathische pflegerische Begleitung haben Hand in Hand gearbeitet und orchestriert zusammengewirkt. Dass Herr Hartmann heute wieder selbstständig lebt und arbeitet, zeigt, wie wirksam eine spezialisierte stationäre und auch – gerade in diesem Fall – ausreichend lang geführte Rehabilitation sein kann.
– Dr. med. Gerhard Schenk, Leitender Arzt in Valens

Das Guillain-Barré-Syndrom (GBS) und seine chronische Variante CIDP sind selten und oft schwer zu diagnostizieren – umso wichtiger ist Aufklärung. Im Awareness-Monat Mai machen weltweit Organisationen auf GBS aufmerksam. Auch die Kliniken Valens informieren über Symptome, Behandlungsmöglichkeiten und die Bedeutung gezielter neurologischer Rehabilitation – auch über den Mai hinaus, denn das Bewusstmachen der Krankheit ist das ganze Jahr über wichtig: Erzählt wird die Geschichte von Oliver Hartmann, der 2022 als Patient im KSGR und im Rehazentrum Valens gegen die Krankheit kämpfte und heute gesund ist. Sein Weg zeigt eindrucksvoll, wie wichtig spezialisierte Therapie und der feste Wille zur Genesung sind. Oliver Hartmann ist Mediengestalter und arbeitet heute in der Abteilung Kommunikation und Marketing der Kliniken Valens.
Guillain-Barré-Syndrom: Wenn das Immunsystem die Nerven angreift
Das Guillain-Barré-Syndrom ist eine seltene, meist plötzlich auftretende Erkrankung des peripheren Nervensystems. Häufig geht ihr eine Infektion voraus. Die Betroffenen entwickeln zunächst Missempfindungen und Muskelschwäche in den Beinen, die sich rasch nach oben bewegt und sich auf Arme, Rumpf und im schlimmsten Fall auf die Atemmuskulatur ausweiten kann. Ursache ist eine fehlgeleitete Immunreaktion: Abwehrzellen greifen irrtümlich die schützende Hülle der Nerven an – die Myelinschicht. Dank neuer Forschungsergebnisse, unter anderem von der ETH Zürich, versteht man diese Autoimmunreaktion heute besser – insbesondere den Beitrag bestimmter T-Zellen. Diese Erkenntnisse könnten langfristig den Weg zu gezielteren Therapien ebnen.
Rehabilitation in den Kliniken Valens – Schritt für Schritt zurück in den Alltag
In Valens erfolgt die Behandlung interdisziplinär: Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und neuropsychologische Betreuung greifen ineinander. Ziel ist es, die geschädigte Nervenfunktion zu unterstützen, Mobilität zurückzugewinnen und die Selbstständigkeit der Patientinnen und Patienten schrittweise zu verbessern – individuell angepasst an Verlauf und Belastbarkeit.
Anlaufstellen in der Schweiz und weltweit
- https://www.gbsinfo.ch
- https://www.gbs-cidp.org/gbscidp-may-awareness-month
- https://gbs-selbsthilfe.org
- https://eu.gbs-cidp.org