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Rehabilitation für Post- und Long-Covid-Kranke

Seit bald zwei Jahren ist das Coronavirus allgegenwärtig, niemand kann sich dem Thema entziehen. Am wenigsten diejenigen, die tatsächlich an dem Virus erkranken und danach an Langzeitfolgen leiden: Betroffene von «Post Covid» oder «Long Covid» brauchen nach ihrer Erkrankung oft Monate, um sich davon zu erholen. Die Rehabilitation für Post- und Long-Covid-Kranke ist daher längst zu einem wichtigen Baustein im Gesundheitssystem geworden.

Zu Beginn der Corona-Pandemie wusste man noch wenig von den Langzeitfolgen einer Covid-19-Erkrankung. Es gab akute Infektionen und schwere Verläufe und auf den Intensivstationen wurden viele Leben gerettet. Ein Teil der Patientinnen und Patienten hatte nach der akuten Erkrankung schwere organspezifische Beschwerden wie etwa Herz- oder Lungenprobleme. Dies traf insbesondere auf jene Betroffenen zu, die eine künstliche Beatmung brauchten. Doch je mehr Genesene es gab, desto klarer wurde: Diese Krankheit hinterlässt bei vielen Patientinnen und Patienten weitere und längerfristige Beschwerden.

Post Covid: Schwere Nachwirkungen der Corona-Infektion

In den Kliniken Valens wurden von Beginn an Patientinnen und Patienten mit Lungenproblemen nach einer Corona-Infektion behandelt. Meist am dafür spezialisierten Standort Walenstadtberg. Chefarzt Dr. med. Björn Janssen spricht von etwa fünfhundert Patientinnen und Patienten seit Pandemiebeginn, von denen ein Grossteil einen schweren Verlauf hatte:

Dr. med. Björn Janssen, Chefarzt Rehazentrum Walenstadtberg

«Diese Patienten sind wochen- oder sogar monatelang gelegen und haben viel Muskelmasse abgebaut. Sie müssen in der Rehabilitation geduldig an ihrer Kraft und Ausdauer arbeiten, damit sich ihre Muskulatur und ihre Lunge langsam erholen. Die meisten unserer Post-Covid-Patienten haben einen guten Erholungsverlauf, aber nicht alle kommen vom Sauerstoff weg und nicht alle erreichen wieder ihre frühere Leistungsfähigkeit.»

So berichtet Dr. Janssen etwa von einem Patienten, dessen Lunge derart in Mitleidenschaft gezogen war, dass er auch neun Monate nach der Erkrankung immer wieder Rückschläge erleidet. Inzwischen habe er eine chronische Lungenentzündung entwickelt. Sein Gehvermögen beschränke sich auf zwanzig Meter und er brauche weiterhin regelmässig Sauerstoff.

Long Covid: Schnelle Erschöpfung und chronische Müdigkeit

Long Covid ist anders. Dr. med. Frank Zimmerhackl, Chefarzt Psychosomatik & Psychiatrie in der Klinik Gais, erklärt, wie es sich mit diesem neuen Krankheitsbild verhält: «Eine hervorstechende Eigenschaft des Long-Covid-Syndroms ist der zweiphasige Verlauf. Die Akut-Infektion verläuft vergleichsweise leicht oder sogar unbemerkt. Danach folgt oft ein beschwerdefreies Intervall. Erst in einer weiteren Phase treten verstärkt Beschwerden auf, insbesondere chronische Müdigkeit und Erschöpfung.

Dr. Frank Zimmerhackl
Dr. med. Frank Zimmerhackl, Chefarzt Psychosomatik und Psychiatrie Klinik Gais

Aber auch Schlafstörungen, Herzrasen, Husten und Atemnot, muskuläre Schwäche und Schmerzen sowie Störungen der Konzentrations- und Merkfähigkeit können anhaltende Symptome sein. Dauern diese Einschränkungen zu lange, kann dies zu einer erhöhten psychischen Belastung bis hin zu Depressionen führen.»

Die Auslöser für das Long-Covid-Syndrom sind bisher nicht geklärt. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass eine überschiessende Immunreaktion verantwortlich sein könnte. «Es leiden vermehrt jüngere weibliche Patientinnen an Long Covid, die eine vergleichsweise milde oder sogar unbemerkte Infektion hatten», erklärt Frank Zimmerhackl.

Überlastung wird bei Long Covid oft erst im Nachhinein bemerkt

Manche Patientinnen und Patienten sind so schnell erschöpft, dass sie den Alltag kaum bewältigen können. Wenige Handgriffe, etwa beim Frühstückmachen, können schon genügen: Der Puls geht hoch, die Atmung wird schneller, ein Schwächegefühl setzt ein. Die Betroffenen müssen sich dann hinsetzen oder hinlegen, bis sich alles wieder beruhigt. Was einem gesunden Menschen allenfalls passiert, wenn er etwa untrainiert einen Berg hochrennt, das passiert Long-Covid-Patienten schon bei der kleinsten Anstrengung.

Besonders heimtückisch: Die Überlastung wird oft nicht sofort bemerkt. Eine leichte Trainingseinheit auf dem Ergometer kann sich für den Moment gut anfühlen, die Freude an der Bewegung lässt vielleicht ein paar Umdrehungen mehr zu als beim letzten Mal. Doch auf das gute Gefühl folgt am nächsten Tag ein völliger Einbruch. Und es kann Tage oder sogar Wochen dauern, bis das hart erkämpfte Leistungsniveau wieder erreicht wird.

Bei der Rehabilitation von Post- und Long-Covid-Kranken ist auf behutsames Training und persönliches Energiemanagement zu achten

Die Patientinnen und Patienten müssen also zusammen mit ihren Ärztinnen und Ärzten die Balance finden. Trainieren ja, aber nicht zu nah an der Grenze der Leistungsfähigkeit. Auch im Alltag müssen die Betroffenen erst herausfinden, was sie schaffen und was im Moment noch zu viel für sie ist. Ein wichtiges Hilfsmittel lernen die Betroffenen in der Reha kennen: das «Energiemanagement». In speziellen Schulungen bekommen sie ein Gefühl dafür, welche Tätigkeiten sie in ihrem Alltag gut bewältigen können und welche nicht. Sie lernen etwa anstrengende Arbeiten oder Freizeitaktivitäten zu identifizieren, die zu viele Kraftreserven aufbrauchen, um den Tag entsprechend planen zu können. Wenn Betroffene beispielsweise eine Aktivität wie Einkaufen planen, kann es sein, dass sie das Aufräumen der Wohnung danach auf mehrere Tage verteilen müssen.

Es gilt also, sich die eigenen Kräfte so einzuteilen, dass es nicht zu den gefürchteten verzögerten Erschöpfungszuständen kommt. Mehr darüber sowie Tipps zum persönlichen Energiemanagement lesen Sie hier.

Neu entwickeltes Konzept für die Long-Covid-Rehabilitation

Die steigenden Zahlen an Long-Covid-Betroffenen zeigen deutlich, dass eine neue Krankheit entstanden ist und dass die Betroffenen eine spezielle Rehabilitation brauchen. Die Kliniken Valens haben deshalb als Ergänzung zur Post-Covid-Reha ein Long-Covid-Rehakonzept entwickelt. Am Standort der Klinik Gais werden Betroffene mit einem intensiven Therapieprogramm stationär behandelt und therapiert. Das Angebot in der Ambulanten Reha St.Gallen richtet sich an Patientinnen und Patienten, die ein wohnortnahes Angebot brauchen. Die Therapieprogramme zielen spezifisch auf die verschiedenen Ausprägungen des Long-Covid-Syndroms ab. Dabei setzen sie sich aus mehreren Modulen zusammen, mit denen das Ärzte- und Therapieteam je nach Krankheitsbild einen individuellen Therapieplan erstellt.

Patientinnen und Patienten, die nach einer Corona-Infektion an anhaltenden Lungenschädigungen oder anderen Organschädigungen leiden, betreut das Rehazentrum Walenstadtberg weiterhin im Rahmen einer pneumologischen oder internistischen Rehabilitation.

Dieser Artikel ist im Voilà-Magazin Herbst/Winter 2021 erschienen. Das ganze Magazin können Sie hier lesen oder downloaden