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Rehabilitation bei Multipler Sklerose

Hintergrund

Reduzierte Ausdauer und Müdigkeit behindern viele Personen mit Multipler Sklerose. Über viele Jahre war intensives Training bei Multipler Sklerose (MS) umstritten. Es wurde angenommen, dass intensives Training die Symptome verschlimmert und den Krankheitsverlauf negativ beeinflusst. Auch die Behandlung von Müdigkeit stellt eine Herausforderung dar.

Intensives Training hat sich in unseren bisherigen randomisierten, kontrollierten Studien als sicher und effektiv erwiesen und ist zu einem Eckpfeiler innerhalb der MS-Rehabilitation avanciert. Ein intensives, an die individuellen Belastungsgrenzen angepasstes Trainingsprogramm reduziert die Symptome der Multiplen Sklerose. Veränderungen in Blut-Laborwerten nach dreiwöchigem Training, im Vergleich zur Kontrollgruppe, geben starke Hinweise auf eine anti-entzündliche Wirkung körperlicher Aktivität.

Bisheriges Projekt «Training und Energiemanagement»
Diese randomisiert kontrollierte Studie konnten wir Anfang 2022 beenden. Es konnten insgesamt 106 Personen mit Multipler Sklerose eingeschlossen werden. Der primäre Endpunkt ist die Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität vier Monate nach Einschluss. Sekundäre Endpunkte sind die Entzündungsindikatoren in Blutproben (Matrix Metalloproteinase-2, Tryptophan, Kynurenin, Kynureninsäure, Interferon-gamma, Interleukin-6 und Enzyme-linked immuno-sorbent assay); maximale Sauerstoffaufnahme VO2max; maximale Herzfrequenz; kognitive und motorische Müdigkeit; Selbstwirksamkeit im Umgang mit Müdigkeit. Es werden momentan die letzten Fragebögen ausgewertet.

 

Referenzen

  • Nadine Patt, Jan Kool, Ruth Hersche, Max Oberste, David Walzik, Niklas Joisten, Daniel Caminada, Francesca Ferrara, Roman Gonzenbach, Claudio Renato Nigg, Christian Philipp Kamm, Philipp Zimmer & Jens Bansi. High-intensity interval training and energy management education, compared with moderate continuous training and progressive muscle relaxation, for improving health-related quality of life in persons with multiple sclerosis: study protocol of a randomized controlled superiority trial with six months’ follow-up. BMC Neurol 2021;65; https://doi.org/10.1186/s12883-021-02084-0
  • Schlagheck ML, Wucherer A, Radermacher A, Joisten N, Proschinger S, Walzik D, Bloch W, Kool J, Gonzenbachen R, Dalgas U, Bansi J, Zimmer P. VO2peak Heterogeneity in Persons with Multiple Sclerosis: To HIIT or Not to HIIT? Int J Sports Med 2021; https://doi.org/10.1055/a-1481-8639
  • Reza Gharakhanlou, Leonie Wesselmann, Annette Rademacher, Amit Lampit, Raoof Negaresh, Mojtaba Kaviani, Max Oberste, Robert W Motl, Brian M Sandroff, Jens Bansi, Julien S Baker, Christoph Heesen, Philipp Zimmer. Exercise training and cognitive performance in persons with multiple sclerosis: A systematic review and multilevel meta-analysis of clinical trials. MSJ 2020; https://doi.org/10.1177/1352458520917935

 

Forschungsteam & Finanzierung

 

Rehazentrum Valens:
Dr. Jan Kool, Dr. Jens Bansi, Nadine Patt, Andrea Weise, Dr. med. Dr. sc. nat. Roman Gonzenbach

Deutsche Sporthochschule Köln:
Marit Schlagheck

SUPSI Fachhochschule Tessin:
Ruth Hersche, Dr. Marco Barbero

Universität Bern:
Prof. Dr. Claudio Nigg, PD Dr. Christian Kamm

Technische Universität Dortmund:
Univ. Prof Dr. Dr. Philipp Zimmer, Dr. Niklas Joisten, Marie Kupjetz

 

Finanziert von den Kliniken Valens und der Schweizerischen Multiple Sklerose Gesellschaft

Aktuelles Projekt: «CYPRO – Cycling in primary progressive MS»

In unserer aktuellen Studie «CYPRO – Cycling in primary progressive MS» untersuchen wir erstmals die Auswirkungen eines intensiven Trainings bei primär progredient verlaufender MS. Weitere Informationen zur Studie finden Sie auf dieser Webseite.

Aktuelles Projekt: «Auswirkung der Reha auf den Alltag bei Multipler Sklerose»

Personen mit multipler Sklerose leiden oft an einer Gangstörung. Das Gehen ist anstrengend, unsicher und langsam. Während der Rehabilitation arbeiten spezialisierte Therapeuten, Ärzte und Pflegefachkräfte mit verschiedenen und aufeinander abgestimmten Methoden (zum Beispiel mittels Medikamenteneinstellung, Spastikbehandlung, Ausdauertraining, Kräftigung, Gleichgewichtstraining, Orthesenversorgung, Hilfsmittelanpassung, etc.) über mehrere Wochen zusammen mit den Betroffenen daran, die Gangstörung und andere Funktionseinschränkungen zu verbessern.

Mit verschiedenen Untersuchungen bei Eintritt und Austritt messen wir die Verbesserung der Gehfähigkeit, um das Ausmass des Therapieeffektes darstellen zu können. Zusätzlich untersuchen wir, ob und wie sich das Verhalten im Alltag nach der Reha durch die verbesserte Gehfähigkeit verändert. Dazu verwenden wir kleine, tragbare Bewegungs-Messgeräte, welche einfach am Schuh befestigt werden können.

Diese Messgeräte können aufzeichnen, wie gut oder wie schnell jemand geht, oder sie können messen, wie weit die täglich zurückgelegten Strecken sind. Konkret wollen wir mit dieser Studie herausfinden, ob unsere Patientinnen und Patienten nach der Rückkehr in ihren Alltag weitere Strecken zurücklegen, mehr Schritte machen oder insgesamt aktiver sind als vor der Rehabilitation. Insgesamt sollen 50 Patienten in die Studie eingeschlossen werden.

Tragbare Sensoren, an den Schuhen fixiert
Tragbare Sensoren, an den Schuhen fixiert

 

Tragbarer Sensor im Grössenvergleich
Tragbarer Sensor im Grössenvergleich

 

Vorläufige Resultate
(basierend auf den ersten 22 eingeschlossenen Patientinnen und Patienten)

Nach der Reha ist …
… die Ganggeschwindigkeit im 2-Minuten-Gehtest um mehr als 25 % verbessert
… die motorische Müdigkeit (mit einem Fragebogen erfasst) vermindert
… das Gehverhalten im Alltag um 15 % verbessert (mit einem Fragebogen erfasst)
… machen die Betroffenen mehr Schritte pro Tag
… neigen die Betroffenen dazu, aktiver zu sein und mehr Zeit mit Gehen zu verbringen

Referenzen folgen.

Forschungsteam & Finanzierung

 

Rehazentrum Valens:
Dr. Roman Gonzenbach, Roger April, Ramona Sylvester, Wolfgang Schallert,
Dr. Jan Kool

 

Finanziert von der Schweizerischen Multiple Sklerose Gesellschaft

Aktuelles Projekt: «Vorhersage des Therapieansprechens»

Durch eine Neurorehabilitation erhoffen sich Personen mit Multipler Sklerose häufig eine Verbesserung der Arm- und Handfunktion. In der Tat erzielen viele Patienten durch die Therapien beträchtliche Fortschritte der Arm- und Handfunktion, bei einigen Patienten werden die Ziele jedoch nicht erreicht. In einem ersten Projektteil versuchen wir mit computergestützten Modellen den Therapieerfolg vorherzusagen.

Diese Modelle basieren auf ‘maschinellem Lernen’, die mit den Daten von ca. 200 Therapieverläufen berechnet werden. Im zweiten Projektteil untersuchen wir gemeinsam mit ca. 50 Patienten, ob und wie wir die neu erstellten Modelle zur Vorhersage des Therapieansprechens in die klinischen Abläufe integrieren können. Wir möchten verstehen, ob unsere Patientinnen und Patienten von solchen Vorhersagemodellen profitieren können und wie diese sinnvoll im Rehabilitationsalltag angewendet werden können.

Eine wichtige Rolle spielt dabei der in der ETH Zürich neu entwickelte ‘Virtual Peg Insertion Test’, mit dem wir Bewegungsabläufe beim Ergreifen und Versetzen von virtuellen Objekten (in der Form von Zapfen = PEGs) detailliert untersuchen können. Als Beispiel sind die Bewegungstrajektorien abgebildet, die beim Verschieben von virtuellen PEGs aufgezeichnet wurden. Links sind die ‘geradlinigen’ und ‘gut koordinierten’ Bewegungstrajektorien einer Person ohne Arm-/Handfunktionsstörung abgebildet: Die rechts abgebildeten Bewegungstrajektorien einer Person mit deutlicher Arm-/Handfunktionsstörung dagegen sind ‘unkoordiniert’ und weniger ‘geradlinig’. Die Farbskala zeig, wie viel Kraft beim Ergreifen der virtuellen Gegenstände aufgewendet wird.

 

Referenzen

Eva Josse, Ramona Sylvester, Roman Gonzenbach, Olivier Lambercy, Christoph M. Kanzler. „Machine learning-based prediction of upper limb rehabilitation outcomes in multiple sclerosis: a preliminary analysis.“ IEEE-EMBS International Conference on Biomedical and Health Informatics (BHI 2021). 2021.

 

Publikation

Bericht im Voilà-Magazin, Ausgabe Herbst/Winter 2021: Der Multiplen Sklerose auf der Spur

Forschungsteam & Finanzierung


Rehazentrum Valens:
Dr. Roman Gonzenbach, Ramona Sylvester

 

Forschungspartner:
Rehabilitation Engineering Laboratory, ETH Zürich: Prof. Roger Gassert, Dr. Olivier Lambercy, Dr. Christoph Kanzler, Eva Josse


Finanziert von den Kliniken Valens und der Schweizerischen Multiple Sklerose Gesellschaft